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TÜV SÜD: Rekuper… – was? Tipps zum Kauf eines gebrauchten Elektroautos

Die Elektromobilität nimmt nun auch hierzulande Fahrt auf. Die Entwicklung zusätzlich beschleunigen könnte der Gebrauchtwagenmarkt. Der ist jedoch noch sehr übersichtlich, nicht zuletzt, weil man mit dem Kauf eines gebrauchten Elektroautos scheinbar unbekanntes Terrain betritt. Rekuperation? High Power Charging? Zu teuer! Ist das überhaupt was für mich? Volker Blandow, Global Head E-Mobility TÜV SÜD sagt: „Elektroautos sind inzwischen für jeden was. Gerade Pendler mit täglich hohen Laufleistungen können viel Geld sparen. Und: E-Autos machen Spaß.“ Tipps von TÜV SÜD für den Kauf eines gebrauchten Elektroautos.

Gebrauchtes Smart Elektroauto Foto: TÜV SÜD

Umwelt, Verfügbarkeit, ausgereifte Technik – viele Gründe sprechen aus Verbrauchersicht fürs Elektroauto. Zudem sind E-Autofahrer an der Ampel schneller als alle anderen – und das ohne lokale Emissionen, mit weniger Lärmemissionen und selbst im Falle des Netzstrombezugs mit weniger globalen Emissionen. Elektrisch Fahren macht Spaß! Reichweite? Bei der neuesten Fahrzeuggeneration, also mit 250-400 km Reichweite, gibt es eigentlich keine Einschränkungen mehr. Mit immer besser ausgebauter Schnellladeinfrastruktur und super schneller Ladeinfrastruktur (High Power Charging) sind selbst Tagesetappen von 700 Kilometer und mehr mit etwas Planung kein Problem. Auch die mittlere Langstrecke klappt problemlos mit einer Zwischenladung.

Und der Preis? Warum nicht nach einem Gebrauchten schauen. Das Ergebnis einer spontanen Internetrecherche zeigt jedoch: Mit rund 20.000 Treffern ist das Angebot an gebrauchten Elektroautos und Hybriden nicht sehr groß. Tipp von Volker Blandow: „Inzwischen gibt es Händler, die sich auf Elektroautos spezialisiert haben. Gerade bei Modellwechseln gibt es hier oft gute Konditionen – die Entwicklung ist ja derzeit sehr dynamisch“, so Blandow.

Rekuper… – was???

Laufleistung, Ölverlust, Bremse und Lenkung: Die Knackpunkte beim Kauf eines Verbrenners sind Autofahrern geläufig. Gelten fürs Elektroauto dieselben Regeln? Dazu Volker Blandow: „Die Laufleistung spielt beim Elektrofahrzeug, zumindest für die Zuverlässigkeit des Antriebsstrangs, eine untergeordnete Rolle. Eine Million Kilometer oder mehr sind kein Problem – und das komplett wartungsfrei und praktisch ohne nennenswerten Verschleiß.“ Die Bremsen halten beim Stromer in der Regel ebenfalls länger. Dafür sorgt die Rekuperation, bei der die „Motorbremse“ Energie in die Batterie zurückführt und dabei für einen ordentlichen Bremseffekt sorgt – ohne dafür das Bremspedal zu treten. Komponenten wie das Ladekabel oder die Ladebuchse sollten Kaufinteressenten dagegen genauer unter die Lupe nehmen: „Allgemein bietet sich beim Elektrokauf eine Überprüfung beim markenspezifischen Händler an“, sagt Blandow.

Und was ist mit der Batterie?

Der Akkumulator ist die wichtigste und teuerste Komponente im Elektroauto. Ihr Zustand steht ganz oben auf der Checkliste beim Kauf eines Gebrauchten. Die Fahrzeugelektronik sorgt zwar grundsätzlich dafür, dass die Batterie vor zu hohen Belastungen geschützt ist. Trotzdem haben beispielsweise Art und Häufigkeit der Ladungen Auswirkungen auf Haltbarkeit und Leistung. Markenhändler können in der Regel einen Zustandsbericht zur Batterie im Fahrzeug generieren. Darin werden zum Beispiel die Anzahl der Schnellladevorgänge gezählt und es wird die Restkapazität ermittelt. Blandow: „Die Werte geben erste wichtige Hinweise für Interessenten und die Prüfung sollte auf jeden Fall durchgeführt werden. Den wirklichen Gesundheitszustand kann man aber nur durch umfangreiche Messungen ermitteln.“ Also lieber gleich die Finger weglassen? „Nein“, sagt Blandow. „Unsere Erfahrung ist, dass die Batterien sogar besser halten, als viele Hersteller sagen. Nach mehr als 200.000 Kilometern Laufleistung und sieben bis acht Betriebsjahren sind viele Akkus häufig noch mit 80-90 Prozent ihrer Anfangskapazität in Betrieb. Daraus ergibt sich eine hohe Zyklenfestigkeit und eine sehr geringe Alterung.“ Grundsätzlich raten die TÜV SÜD-Experten zu einem Auto, das regelmäßig gefahren wurde. „Das ist fast wie bei einem Verbrennungsmotor, wenn das Fahrzeug oft wochenlang nicht bewegt wird“, sagt Blandow.

Wo soll ich denn laden?

Nur in absoluten Notfällen an der normalen Steckdose. Eine 11 kW-Wallbox in der Garage oder am Parkplatz ist da sehr empfehlenswert. Damit lassen sich alle Fahrzeugtypen sinnvoll laden. Aktuelle Elektroautos haben in der Regel größere Batterien mit 11 kW oder optional sogar 22 kW-Ladern, meist in Flottenfahrzeugen, verbaut. Elektroautos der ersten und zweiten Generation hatten dagegen meistens nur einen 3,7 kW-Lader, der sogar an einer einzelnen Phase betrieben werden kann. Für schnelleres Laden mit Gleichstrom steigt die Zahl der öffentlichen Schnelllader quasi täglich, auf Autobahnen werden die superschnellen Ladestationen (HPC 150) aktuell flächendeckend errichtet. Die meisten gebrauchten E-Fahrzeuge können diese allerdings nur bis zur Grenze von 50 kW nutzen, da nur neuere Modelle diese hohen Ladeströme nutzen können. Aber selbst bei 50 kW reichen 15-20 Minuten für mindestens 100 weitere Kilometer.

Und im Winter?

Die Batterietechnologie ist winterfest. Länder wie Norwegen machen’s vor: Mehr als 40 Prozent der Neuwagenkäufer entscheiden sich dort inzwischen für den Kauf eines Elektroautos (2018). Wer das Fahrzeug daheim lädt, sollte es vorheizen so lange es noch an der Steckdose hängt, das lässt sich bequem per App vom Frühstückstisch aus erledigen, dann startet man warm und mit voller Batterie. Sitz- und Lenkradheizung verbrauchen weniger Energie als die Innenraumheizung, die dann ein paar Grad niedriger eingestellt werden kann, ohne dass es an Behaglichkeit mangelt. Neuere Fahrzeuge nutzen effizientere Heiztechnik wie Wärmepumpen, hier sollte man den Verkäufer um Rat fragen. Bei ganz extremer Kälte büßt die Batterie etwas an Dynamik ein, das heißt, es lässt sich nicht ganz so dynamisch beschleunigen wie gewohnt und auch die elektrische Bremsleistung kann sich leicht verändern. Blandow: „Keine Sorge, die Beschleunigung ist immer noch zügiger als mit jedem Verbrenner!“

Und das war’s schon?

Ja – mit diesen Informationen kann jeder problemlos ein Elektroauto kaufen. Je mehr die Fahrdynamik elektrisch und elektronisch geregelt wird, desto weniger mechanische Komponenten, wie Differentiale und Getriebe, werden überhaupt noch benötigt. Wenn zwei achsnahe Elektromotoren verbaut werden, kann selbst ein Differential elektronisch simuliert werden. Damit lässt sich ein Elektroantrieb nahezu verschleißfrei und auch schmierstofffrei betreiben – ein zusätzliches Plus für den E-Autofahrer. Denn die Inspektion der Zukunft wird beim Elektroauto im Wesentlichen eine Software basierte Datenanalyse sein. Bei Fahrzeugen, die ihre Daten in die „Cloud“ liefern, entfällt eigentlich sogar dieser Schritt. Die Mobilität mit dem Pkw wird problemloser und nahezu wartungsfrei.

Ansonsten gelten die gleichen Regeln wie beim konventionellen Gebrauchtkauf auch. Allgemeinzustand und Laufleistung sind (außer was den Motor betrifft) natürlich weiter ein Kriterium. Einzelne Bauteile, wie etwa Stoßdämpfer, verschleißen genauso wie beim Verbrenner. Blandow: „Lediglich die Reifen sind ein Thema. Das extrem hohe Drehmoment sorgt für erhöhten Verschleiß – schlicht, weil der Ampelstart so viel Spaß macht.“

Quelle: Pressemitteilung des TÜV SÜD vom 28. März 2019


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