General Motors (GM) verbinden die meisten Deutschen zur Zeit mit einer völlig verfehlten Produktpalette von riesigen, benzinschluckenden Pick-Ups und Geländewagen und der dadurch drohenden Insolvenz des Opel Mutterkonzerns. Das der amerikanische Automobilgigant aber auch in der Erforschung alternativer Antriebe sehr aktiv ist, wird dabei leicht übersehen. Neben dem Elektroauto Volt wird aktuell die Studie HydroGen4 getestet, die von einem GM-Brennstoffzellensystem der neuesten Generation angetrieben wird, das gegenüber dem Vorgänger deutliche Fortschritte in Sachen Alltagsnutzen, Fahrleistungen, Dauerhaltbarkeit sowie Starten und Betrieb bei niedrigen Temperaturen macht.
Das Brennstoffzellenfahrzeug HydroGen4 ist das Ergebnis von zehn Jahren Forschung und Entwicklung im Bereich Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie, in die GM mehr als eine Milliarde US-Dollar investiert hat. Zehn dieser Fahrzeuge werden im Rahmen der Clean Energy Partnership (CEP) in Berlin eingesetzt und bilden damit den europäischen Teil des „Project Driveway“ von GM. Über 100 HydroGen4-Prototypen stellen derzeit im weltweit größten Test- und Demonstrationsprogramm für Brennstoffzellenautos ihre Alltagstauglichkeit unter Beweis. „Der Wasserstoff-Brennstoffzellenantrieb unterstreicht die GM-Strategie, das Auto aus der Umweltdiskussion zu nehmen“, erklärt GM Europe-Chef Carl-Peter Forster.
Wie der HydroGen4 funktioniert
Herzstück des HydroGen4-Antriebs ist sein Brennstoffzellenstack. Seine Zellen wandeln gespeicherte chemische Energie (aus Wasserstoff) in elektrische Energie um – ganz ohne Verbrennung und CO2-Emissionen: In einem elektrochemischen Prozess erfolgt die Synthese von Wasserstoff und Sauerstoff zu Wasser, und diese Reaktion erzeugt elektrischen Strom. Außer Wasserdampf entstehen keinerlei Emissionen.
In jeder einzelnen Zelle teilen sich die Wasserstoffmoleküle an der mit einem Katalysator beschichteten Anode in Protonen und Elektronen. Die positiv geladenen Wasserstoff-Ionen, die Protonen, wandern durch eine Elektrolytmembran in Richtung Kathode und verbinden sich dort mit Luftsauerstoff zu Wasser. Die Elektronen, die an der Anode entstehen, fließen als elektrischer Strom zur Kathode. Ein Stack aus einer großen Anzahl von Einzelzellen erzeugt auf diese Weise genügend Kraft zum Antrieb eines Elektromotors.
Der Brennstoffzellen-Stapel (Stack) des HydroGen4 besteht aus 440 in Reihe geschalteten Zellen, die einen 73 kW (100 PS) starken Synchron-Elektromotor antreiben und damit eine Beschleunigung von null auf Tempo 100 in rund zwölf Sekunden ermöglichen. Die Höchstgeschwindigkeit des HydroGen4 liegt bei rund 160 km/h, die Beschleunigung profitiert von der Drehmomentcharakteristik des Elektromotors, der seine 320 Nm schon ab Stillstand bereitstellt.
Anders als beim Vorgänger HydroGen3 sind die einzelnen Zellen nicht senkrecht, sondern waagerecht aufeinander geschichtet, was Vorteile beim Packaging bringt und den Fahrzeugschwerpunkt senkt. Auf der Kathodenseite kommt statt des Schraubenverdichters ein elektrischer Turbokompressor zum Einsatz, der die Brennstoffzelle mit Luft und damit Sauerstoff versorgt und Vorteile hinsichtlich Wirkungsgrad und Geräuschentwicklung bietet.
HydroGen4 ist für den Start und Betrieb bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt ausgelegt – eine wesentliche Neuerung gegenüber dem Vorgänger und eine wichtige Eigenschaft in Hinsicht auf die Alltagstauglichkeit von Brennstoffzellen-Fahrzeugen. Ermöglicht wurde dies durch eine intelligente Kombination aus Maßnahmen zur Wärmeisolierung, zum Wassermanagement und zur Betriebsstrategie.
Betrieb mit hoch komprimiertem gasförmigem Wasserstoff
Der HydroGen4 besitzt ein Tanksystem mit drei 700-bar-Hochdrucktanks aus Kohlefaserverbundwerkstoff, das eine Gesamtmasse von 4,2 Kilogramm Wasserstoff aufnehmen kann. Damit ist eine Reichweite von bis zu 320 Kilometern möglich.
Erfahrungen aus dem HydroGen3-Testbetrieb, der zu Vergleichszwecken auch mit tiefstgekühltem Flüssigwasserstoff betrieben wurde, führten zur Entscheidung von GM für die Hockdruckvariante. Hauptgrund dafür sind die unvermeidlichen Abdampfverluste bei Flüssigwasserstoff. Auch bei bester Isolierung erwärmt sich der Tankinhalt langsam, so dass flüssiger Wasserstoff verdampft und der Druck im Tanksystem ansteigt. Nach wenigen Tagen muss gasförmiger Wasserstoff aus dem Tanksystem abgelassen werden, was einen nicht unwesentlichen Kraftstoffverlust zur Folge hat.
Pufferbatterie ermöglicht regeneratives Bremsen
Das Brennstoffzellen-System des HydroGen4 wird unterstützt von einer Nickel-Metallhydrid-Pufferbatterie mit einem Energieinhalt von 1,8 Kilowattstunden (kWh). Der Akku sorgt für bessere Fahrleistungen, indem er Leistungsspitzen des Antriebs abdeckt. Darüber hinaus verbessert sich der Wirkungsgrad des gesamten Antriebs, indem die Pufferbatterie regeneratives Bremsen ermöglich. Beim Bremsen oder im Schubbetrieb, beispielsweise bei Bergabfahrt, schaltet der Elektromotor auf Generatorbetrieb um und nutzt die beim Verzögern entstehende elektrische Energie, um die Batterie zu laden. Muss der Fahrer stärker bremsen, wird zusätzlich – wie beim konventionellen Auto – hydraulisch verzögert. Brake Blending heißt diese Mischung von regenerativer und mechanischer Bremsleistung, die immer dann erforderlich wird, wenn die benötigte Verzögerung die maximale regenerative Bremsleistung übersteigt – oder beim Eingriff des elektronischen Stabilitätsprogramms ESP.
Bereiche wie Batterie- und Bremstechnologie sind wichtige Crossover-Entwicklungen, die auch in der neuen E-REV-Fahrzeugarchitektur von GM Verwendung finden. Deren erster Vertreter Chevrolet Volt soll 2010 in Serienproduktion gehen.
Der HydroGen4 basiert auf dem Chevrolet Equinox und bietet denselben Standard in Sachen Komfort, Platzangebot und Sicherheit wie aktuelle Serienfahrzeuge. Sein Brennstoffzellen-Antrieb passt in den normalen Motorraum, der Nickel-Metallhydrid-Akkupack ist unterflur in der Fahrzeugmitte untergebracht. Im Unterschied zum Equinox verfügt der HydroGen4 im Frontbereich unten über zusätzliche Lufteinlässe für das Brennstoffzellen-System. In der speziellen Heckschürze unter dem Stoßfänger sind statt des Auspuffs vier schmale vertikale Schlitze integriert, die die Emissionen in Form von reinem Wasserdampf in die Umwelt entlassen. Dieses patentierte Design demonstriert anschaulich, dass es sich nicht um ein herkömmliches Auto mit Verbrennungsmotor handelt.
Auf der langen Liste von aktiven und passiven Sicherheitsfeatures stehen unter anderem Frontairbags für Fahrer und Beifahrer sowie Seitenairbags, ABS und ESP.
Die GM-Strategie für Brennstoffzellen-Entwicklung
Schritt für Schritt strebt die Brennstoffzellen-Entwicklung bei GM dem Marktstart entgegen. Seit dem Jahr 2007 wird der Forschungsbereich Fuel Cell Activities (FCA) mit seinen über 600 Mitarbeitern sukzessive in die reguläre Serienentwicklung integriert, um die Vorbereitungen für die spätere Großserienproduktion von Brennstoffzellen-Fahrzeugen aufzunehmen.
Quellen und weitere Informationen:
GM Europe und Autoblog Green; Fotos: GM Europe
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